Rechtsanwältin Gundelind Schübel aus München
im Interview mit Beatrice Fischer-Stracke
Thema: Mietrecht
Herzlichen Dank, Frau Schübel, dass Sie sich die Zeit nehmen für ein Interview. Sie sind eine sehr gefragte Rechtsanwältin, wenn es um Mietrecht geht. Ihre Kanzlei liegt verkehrsgünstig in München Schwabing, nahe bei der Leopoldstraße. Ihre Kompetenz hat sich herumgesprochen und zieht seit Jahren auch viele Mandanten aus dem Münchner Umland an.
Vielleicht erzählen sie unseren Leserinnen und Lesern etwas darüber, warum Sie sich als Anwältin gerade das Mietrecht ausgesucht haben?
Zum Mietrecht kam ich über meinen ersten Chef, welcher fast ausschließlich nur Mietrechtsmandanten hatte. Nach geraumer Zeit habe ich festgestellt, dass es sich hier bei um eine komplexe Materie handelt, bei der man viel gestalten und bewegen kann.
Sie sind ja Fachanwalt für Mietrecht. Nun, der Begriff sagt in sich, dass man dafür eine spezielle Qualifikation benötigt. Könnten Sie den Unterschied zwischen einem Anwalt und einem Fachanwalt für uns erklären?
Der Titel Fachanwalt im Miet- und Wohnungseigentumsrecht garantiert den Mandanten, dass sich der betreffende Anwalt intensiv mit dem Rechtgebiet befasst, zum einen weil er zur Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung der Rechtsanwaltskammer besondere theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrungen nachzuweisen hat. Dies setzt die Teilnahme an einem rechtsspezifischen Lehrgang von mindestens 120 Stunden, schriftliche Leistungskontrollen von mindestens 15 Stunden sowie den Nachweis von über 120 Fällen im Mietrecht, die der Rechtsanwalt innerhalb der letzten 3 Jahre bearbeitet hat. Zum anderen ist er gehalten jährliche Fortbildungen von mindestens 10 Stunden zu absolvieren.
Von einem Anwalt ohne diese Fachbezeichnung kann man dies nicht erwarten. Auch unterliegt dieser keinem Fortbildungsnachweis.
Was gehört im Mietrecht zu Ihren Schwerpunkten und womit haben Sie vornehmlich zu tun? Mit Mietern oder mit Vermietern?
Im Laufe der Zeit habe ich mich auf Kündigungen von Wohn- und Gewerberaum spezialisiert und all den damit verbundenen Randgebieten, wie der Wirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln, Auszug, Räumungsklagen, Rückerhalt der Kaution etc.
Das Verhältnis von Mietern – Vermietern hält sich bei meinen Mandanten die Waage.
In Ihrer Eigenschaft als Rechtsanwältin für Mietrecht setzen Sie sich sowohl für Mieter als auch für Vermieter ein. Welche Auswirkungen hat das für Ihre Mandanten?
Die Probleme und deren rechtlichen Folgen für beide Seiten genau zu kennen, ist sicher nur von Vorteil. Einem guten Rechtsanwalt sind immer alle Perspektiven der beteiligten Parteien bekannt, so dass er schnell auf die Argumente des Gegners reagieren kann. Außerdem sollte man sich stets auch in die Gegenseite und deren Interessenlage hineindenken, um so den Mandanten über all seine Chancen aber auch Risiken aufklären zu können. Oft sind die Mandanten überrascht, wenn sie erfahren, dass ihr Rechtsstandpunkt keineswegs gesichert ist. Zudem sollte ein guter Fachanwalt für Mietrecht stets im Hinterkopf behalten, dass die Parteien häufig auch noch „danach“ miteinander auskommen müssen, sofern eine im Raum stehende Kündigung* beseitigt werden konnte.
Man kann sich gut vorstellen, dass ein von Kündigung* betroffener Mieter, der Grund sei jetzt mal dahin gestellt, sehr betroffen ist, wirkt sich das doch auf seine Lebensplanung aus. Ich kann mir vorstellen, dass man als Anwältin auch halb Psychologin sein muss um nicht nur rechtlich eine Stütze zu sein. Wie sehen Sie das?
Ganz wichtig ist, den Mieter zu beruhigen und ihm die Gewissheit zu vermitteln, dass er auch bei einer Kündigung* noch nicht gleich auf der „Straße steht“. Zunächst muss der Vermieter nämlich erst mal einen Räumungstitel zur Vollstreckung erwirken, d.h. er muss vor Gericht eine Räumungsklage erheben, um ein Räumungsurteil zu erlangen. Hierbei kann dann ausführlich dargelegt werden, dass die vom Vermieter bemühten Kündigungsgründe entweder unwirksam waren oder gar die Kündigung* infolge Formfehlers überhaupt nicht greift. Ferner kann man gemeinsam besprechen, wie außergerichtlich auf den Vermieter eingewirkt werden kann, so dass es gar nicht zu einer Räumungsklage kommt und der Vermieter das Mietverhältnis zu den bisherigen Bedingungen fortzusetzen bereit ist. Wer in einer Notsituation steckt, benötigt nicht nur kompetente Hilfe, sondern auch einen guten Zuhörer. Ich bin sehr gut in der Lage, mich in Menschen hineinzufühlen und deren akute Nöte zu erkennen, um sie mit meinem fachlichen Urteil zu analysieren. In den meisten Fällen kann ich meine Mandanten sehr gut beruhigen und ihnen den nötigen Abstand zur Sache vermitteln.
Bei Mietern als Mandanten kommen sicher sehr vielfältige Probleme zutage. Könnten Sie uns anhand eines Beispiels aus der Praxis einen Fall nennen, bei dem Sie in einer Notsituation geholfen haben? Mit welchem Problem hat sich der Mandant an Sie gewandt?
Vor kurzem kam ein Vermieter zu mir, weil seine Mieter seit Monaten wegen angeblicher Mängel die Miete gemindert und ferner die Selbstauskunft, in welcher sie ein regelmäßiges und relativ hohes Gehalt angegeben hatten, falsch ausgefüllt hatten.
In einem anderen Fall kam eine alleinerziehende Mutter mit 2 Kindern, welcher fristlos gekündigt worden war.
Wie sind Sie dabei vorgegangen, um möglichst umfassende Informationen zu dem Problem zu erhalten, und wie konnten Sie letztendlich das Problem zur Zufriedenheit des Mandanten lösen?
Bei dem Vermieter konnte mittels Einschaltung eines Detektivs geklärt werden, dass es sich um mittellose Mietnomaden handelte, so dass der Mietvertrag im Hinblick auf die falsche Selbstauskunft sofort wegen arglistiger Täuschung angefochten und zudem wegen Zahlungsverzuges gekündigt werden konnte. Der Richter konnte dabei in der ersten mündlichen Verhandlung von dem Fehlverhalten der Mieter – auch unter Vorlage von Auskünften aller bisherigen Vermieter, dass es ihnen ebenso wie meinem Mandanten ergangen war – sofort überzeugt werden, so dass dieser – was selten vorkommt – ein sogenanntes Stuhlurteil mit ganz kurzer Räumungsfrist noch in der Verhandlung erließ.
Bei der Mieterin konnte im Rahmen des Räumungsprozesses dargelegt und unter Beweis gestellt werden, dass ihre Mietminderungen infolge gravierender Mängel berechtigt und daher kein schuldhafter Zahlungsverzug vorlag, so dass die Kündigung* unwirksam war und die Mieterin die Wohnung behielt.
Worauf sollte man als Vermieter bei der Erstellung eines Mietvertrages besonders achten?
Dass er nicht unnötig (zum Teil auch veraltete) Klauseln verwendet, die nachteilig für ihn sind. Es werden mir oft – leider immer erst im Nachhinein – Mietverträge vorgelegt, mit welchen sich die Vermieter unnötig selbst „ein Eigentor“ geschossen haben und dadurch den Kürzeren zogen.
Sind es aufgrund der zur Zeit etwas angespannten wirtschaftlichen Lage häufig Mietschulden?
Ja, säumige Mieter werden immer mehr zum Problem.
Man hört auch immer öfter von Mietnomaden, die Vermietern meist hohen Schaden zufügen, mal ganz davon abgesehen, dass nicht selten keine Kaution und keine Miete bezahlt wird. So zumindest die Presse und das Fernsehen. Da möchte ich gerne fragen, wie verhält man sich als Vermieter korrekt?
Zum Beispiel kann der Vermieter, sofern die Kaution nicht bezahlt wird, nach einem Urteil des LG München fristlos kündigen. (Urteil vom 8. Dezember 1999, Az: 14 S 12619/99).
Vielen Dank Frau Schübel, für dieses sehr freundliche und interessante Interview. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht und natürlich auch viele Erkenntnisse gebracht, an die man als Nichtjurist gar nicht denken würde. Ich möchte noch ergänzen, dass Sie eine sehr sympathische Frau sind. Nochmals herzlichen Dank an Sie.
Für die Zukunft wünsche ich Ihnen alles Gute und weiterhin viel Erfolg.